Reisende, die ihre Reise über Marokko nach Mauretanien oder noch weiter fortsetzen wollen, werden zunächst durch das Gebiet der sogenannten Westsahara (unter marokkanischer „Verwaltung“) fahren müssen. Diese beginnt nicht weit südlich von der letzten nennenswerten Kleinstadt Tan-Tan.
Die Westsahara ist eine landschaftlich ziemlich monotone, wüstenhafte und menschenleere Landschaft durch die sich praktisch nur eine einzige geteerte Straße parallel zur Küste zieht. Wenige Ausnahmen sind die „Hauptstadt“ Laayoune und die ziemlich isoliert weit im Süden auf einer Halbinsel liegende Enklave Dakhla.
Viele Menschen begegnen einen hier nicht gerade. Ein Grund hat sicherlich einerseits mit der unwirtlichen Umgebung, aber andererseits auch mit dem politischen Status zu tun, der – je nach politischer Sichtweise - zwischen „Vereinigung mit dem marokkanischen Stammland“ und „Besetzung eines fremden Landes oder Volkes“ (den Sahaouris) liegt. So gibt es zum Beispiel - allerdings weit weg von der Küste - einen großen Wall, der den „besetzten“ vom „befreiten“ (von der Polisario“) Teil trennt.
Dakhla
Wenn man die Mühe auf sich genommen hat und die vielen Kilometer bis nach Dakhla gefahren ist, dann wird man von einer kleinen quirligen Stadt überrascht werden, in der man alle wichtigen Dinge des Lebens zu günstigen Preisen erwerben kann. Auch die Kraftstoffe gibt es in der kompletten Westsahara aufgrund von Steuervorteilen wesentlich günstiger als im Norden.
Ca. 25 – 30 km von Dakhla entfernt trifft sich am nördlichen Ende der Lagune eine Surf- und Kitegemeinde. Getreu dem Motto: Im Sommer in Tarifa – im Winter in Dakhla!
Das Wasser ist dort je nach Gezeitenstand manchmal so niedrig, dass man zu bestimmten Tageszeiten sogar bis zu einer (Drachen)Insel laufen kann. Die Tatsache, dass es schöne Sandstrände, aber praktisch keine Strömungen gibt, macht es zu einem tollen Ort, um einfach mal abzuhängen oder das Kiten zu erlernen.
Wir sind hier fast 3 Wochen „hängengeblieben“, bevor wir uns zur Weiterfahrt Richtung Mauretanien aufraffen konnten.
MAURETANIEN
Die Grenze und Ankunft in Mauretanien:
Spätestens nachdem das Fahrzeug auf marokkanischer Seite der Grenze geröntgt wurde und man dort „ausgecheckt" hat, ist das Niemandsland zu Mauretanien erreicht. Für das folgende ca. 4 km lange Stück Straße hat sich offenbar bislang niemand zuständig gefühlt. Entsprechend rumpelt man über den felsigen Untergrund, an vielen Autowracks und sonstigem Schrott „irgendwie querfeldein“ vorbei. Das einzige intakte Fahrzeug ist hier wohl der weiße Caravan mit der „UN“ Aufschrift, die am Rande der Minenfelder aufpassen, dass hier kein (politischer oder militärischer) „Blödsinn“ passiert. Beim Erreichen des Torbogen des mauretanischen Grenzpostens ist man nun wirklich in Westafrika angekommen!
Die Grenzsoldaten machen eher den Eindruck, als ob sie mit ihren Sturmhauben ähnlichen Kopfbedeckungen einem kitschigen Hollywoodstreifen entsprungen sind. Sofort bieten sich viele „freundliche Helfer“ an, dem Reisenden für eine „kleine Aufwandsentschädigung“ in Höhe von € 10 bei der Einreise und den Gängen zu den Büros rechts und links der staubigen Straße „zu unterstützen“. Auch die Soldaten, die unser Gefährt nach Drogen, Alkohol und sonstigen interessanten Dingen inspizieren, wollten sich die Gelegenheit, sich nach einem „kleinen Geschenk zu erkundigen“ nicht entgehen lassen. Angefangen mit Alkohol (in Mauretanien strengstens verboten!), über Telefone, Zigaretten, Armbanduhren bis T-Shirts, Socken, etc.......
Mit alledem konnten und wollten wir jedoch gar nicht erst anfangen. Da wir ja ohnehin kein Wort Französisch sprechen, stießen solche „Anfragen“ bei uns ohnehin nur auf „ratloses Schulterzucken“ verbunden mit dem obligatorischen „NE parle Francais, NE Arabe, NE Berber, NE Hassani [Anmerk.: spezieller arabischer Dialekt, der in Mauretanien gesprochen wird]“. Das wird dann meist mit Bedauern, aber höflich akzeptiert und man kann weiter seiner Wege ziehen.
Dank unseres Helfers (den haben wir dann doch in Anspruch genommen) waren wir dann auch recht flott in Mauretanien eingereist. Ob der nötig war – und die damit verbundenen € 10 - daran scheiden sich die Geister. Die Erfahrungen bei den Reisenden, die wir getroffen haben, gehen hier weit auseinander.
Nouadhibou, zweitgrößte Stadt – oder doch nur ein riesiger „Schrottplatz“?
Hatten wir es bei der Anfahrt auf Nouadhibou schon geahnt, wurde es bei der Ankunft Gewissheit! Hier waren wir mit einem Schlag in Westafrika angekommen. Im Vergleich zu Marokko wird das Straßenbild hauptsächlich von Farbigen geprägt, wobei sich offenbar auch viele aus dem Senegal, etc. hier aufhalten, die eine Möglichkeit suchen irgendwie weiter nach Norden zu kommen. Wenn wir in Marokko schon eine Breite Palette von Armut gesehen hatten, dann wurden hier die Verhältnisse um ein vielfaches getoppt! Die Autos, die wir hier auf den Straßen sahen, waren wahrscheinlich mehrere Jahrzehnte alt und wurden in der Regel nur noch vom Rost und einigen Drähten zusammengehalten. Die Fahrzeuge hätten locker in jedem Apokalypse Streifen a la „Mad Max“ verwendet werden können. Wenn die Verhältnisse nicht so erbärmlich wären, müsste man beim Betrachten der schrottreifen Autos im Straßenverkehr vermutlich beinahe laut lachen – ein wenig Ironie muss an dieser Stelle sein!
Auch in der weiten Lagune von Nouadhibou sieht es „technologisch“ nicht viel besser aus. Obwohl internationale Institutionen in den letzten Jahren schon dafür gesorgt hatten, dass die größten tickenden (Umwelt) Zeitbomben entsorgt wurden, dümpeln noch viele Schiffswracks in den Gewässern herum.
Wirtschaft und Preise
Beim Bereisen des großen Landes ist man eigentlich immer irgendwie von der Wüste umgeben. Durch große Dürren in den letzten Jahrzehnten sind scheinbar viele der letzten Nomaden in die wenigen Städte migriert. Man fragt sich schon wie die Leute „über die Runden kommen“. Viele Ansätze für eine funktionierende Wirtschaft haben wir während unseres Aufenthaltes jedenfalls nicht gesehen.
Da die Gewässer vor den Küsten der Westsahara und Mauretaniens, bedingt durch den kalten Kanarenstrom, (noch) sehr fischreich sind, können sich offenbar einige Leute in Nouadhibou und im kleineren Umfang auch in der Hauptstadt Nouakchott durch die Fischerei wenigstens ein kleines Auskommen sichern. Reich werden diese Leute durch diese harte Arbeit aber sicherlich auch nicht.
Der Großteil der Devisen wird vermutlich durch das abgebaute Eisenerz erwirtschaftet. Der längste Zug der Welt, der dieses von dem Abbaugebiet weit oben im Nordosten des Landes bis zum Verladehafen bei Nouadhibou ca. 1.000 km quer durch die Wüste transportiert, ist ein imposanter Anblick und tolles Fotomotiv. Dazu unten mehr.
Da Mauretanien größtenteils nur aus Wüste besteht, sind die Möglichkeiten Landwirtschaft zu betreiben ebenfalls ziemlich "überschaubar“. Es wird offenbar so ziemlich alles aus Marokko importiert. Was dort noch spottbillig ist, kann man in Mauretanien nur zu einem vielfach höheren Preis erhalten. Teilweise ist es sogar erheblich teurer als in Deutschland. Viele Reisende tanken aus diesem Grunde an der letzten marokkanischen Tankstelle vor der Grenze noch einmal „soviel wie nur geht“ und kaufen entsprechend ausgiebig im gut sortierten Supermarkt von Dakhla ein.
Sicherheit, Checkpoints und Fiche
Während in Marokko nur im direkten Grenzgebiet zu Algerien und natürlich in der Westsahara an den Checkpoints die Personalien in Form einer Fiche kontrolliert werden [Anmerkung: Dieses „Dokument“ enthält alle Daten unserer Pässe inkl. des Kennzeichens unseres Grimbers und dessen Marke], gehört diese „Kontrollmanie“ in Mauretanien zum täglichen Alltag und kann einem praktisch überall treffen.
Allein von der Grenze auf den ca. 50 km bis zur nächsten größeren Stadt Nouadhibou mussten wir ca. 5 – 6 Checkpoints passieren.
Den Sinn dabei „herauslesen“ zu wollen ist ziemlich zwecklos. Nicht selten gibt es bis zu drei Checkpoints direkt hintereinander. Dabei liegt die Distanz der Gendarmerie, des Zolls / Douane und des Militärs teilweise unter einem Kilometer. Jeder fragt nach der Fiche! Und wehe man ist noch „unwissend“ und die persönlichen Daten nicht bereits auf einem Zettel als Kopie griffbereit! Da wird schon einmal die Miene beim Beamten mürrisch verzogen, denn dann heißt es für ihn ein großes Buch aus der Schublade herauszuholen und alle mögliche Daten handschriftlich einzutragen...und dazu hat natürlich keiner so recht Lust!
Wie jammerte einmal ein Polizist gegenüber Thomas, als wir ihn innerhalb von 24 Stunden beim Rückweg aus Nouadhibou zum zweiten Mal „besuchten“? „Make Copy, Time is money“!!
Ein guter Ratschlag! Die Anmerkung „Merkel good! Gives house and money!“ und die Fragen nach Kopfschmerztabletten hatten wir dann doch eher ignoriert und nicht weiter kommentiert.
Da wir Anfangs jedoch noch „unwissend“ waren und keine Kopien hatten, musste Thomas auf dem Weg nach Nouadhibou bei jedem Checkpoint mit den Pässen aussteigen und den Beamten in die „Schreibstube“ zur Aufnahme der Personalien folgen. Claudia “durfte“ (oder besser – MUSSTE / Anweisung der Beamten, weil Frau!) im Fahrzeug sitzen bleiben. Zu ihrem Glück, denn die Zustände waren teilweise hygienisch katastrophal!!! Bei einem Checkpoint, war der Schreibtisch, als auch die Uniform des Beamten mit Hunderten Fliegen bedeckt, so dass der Beamte kaum zum Übertragen der Daten in eine Art Schulbuch kam.
Der krasseste „Höhepunkt“ war dann der Checkpoint, bei dem ein alter verrosteter Schiffscontainer des Logistikunternehmens „Maersk“ als „Büro“ zweckentfremdet worden war. Schon beim Betreten des dunklen Inneren des Containers schlug Thomas ein starker fauliger Gestank entgegen und gleichzeitig stürzte sich eine undefinierte Anzahl von Fliegen zur Begrüßung auf ihn. Auf dem Boden lag soviel Müll und Lebensmittelreste, dass man aufpassen musste wohin man trat. Eine solche Szene erwartete man eigentlich eher im Nachmittagsprogramm einiger deutscher Privatsender bei Beiträgen aus der Reihe „Bei Messis zu Haus“ o.ä. In der hinteren halbdunklen Ecke saßen auf dem Boden drei Personen, nur mit Shorts und ärmellosen Unterhemd bekleidet, und aßen gemeinsam mit den Händen aus einem halb verkohlten Kochtopf eine Art Reisgericht. Auch hier wurden die Personalien mühsam handschriftlich in ein Buch eingetragen. Die freundliche Einladung zum Hinsetzen und gemeinsamen Essen „musste“ Thomas an dieser Stelle leider ausschlagen. Aber natürlich nur, weil Claudia im Grimber wartete! ;-)
Aufgrund dieser Erfahrungen und dem gern angenommenen Ratschlag, das „time doch money“ wäre, hatten wir dann bei der nächstbesten Gelegenheit schnell min. 80 Kopien in einem Copyshop gemacht. Im weiteren Verlauf der Reise hatte uns dieses an den Checkpoints sehr viel Zeit und den Beamten „unendlich viel Arbeit“ erspart. Nachdem die häufig gestellte Bitte nach T - Shirts, Cadeau, Socken, Kopfschmerztabletten, Whisky, o.ä. von unserer Seite verneint worden war, hatte man uns meist rasch durch gewunken.
Interessant war, sobald Claudia am Steuer saß, den Kopf beim Stopp aus dem Fenster streckte und den „Bon Jour“ - Gruß mit „Ne parle francais“ erwiderte, man uns sofort durch winkte. OHNE, eine Fiche einzufordern! Nicht einmal nach einem Geschenk wurde gefragt! ;-)
Was aus den vielen abgegebenen Zettel geworden ist? Das weiß wohl nur Allah selbst...
Offroad Touren durch die Wüste
Mauretanien ist mit seiner Größe, seiner geringen Bevölkerungsdichte und seinen grandiosen Landschaften, ist der ideale Ort für offroad Touren. Wenn Marokko ideal für „Einsteiger“ ist, dann gibt es für den „Fortgeschrittenen“ hier noch viel mehr Möglichkeiten. Ein 30 Tage Visum reicht gerade einmal aus, um die Oberfläche anzukratzen.
Typische „Standardrouten“ aus dem Norden kommend, ist die Tour entlang des Eisenbahngleises, welches aus dem Norden Mauretaniens bis zum Eisenerz – Verladebahnhof in Nouadhibou führt. Der Einstieg liegt bei der Kleinstadt Bou Langdour und endet offroad meist bei der Siedlung Choum, bevor es auf einer Piste südlich in die größte „Stadt“ der Region Atar, dem Endpunkt geht.
Vorher hat man zahlreiche Sanddünen zu durchqueren (auch die eine oder andere Trainingseinheit mit der Schaufel gehört selbstverständlich dazu), mehrmals Tags und Nachts imponierende Begegnungen mit dem längstem Zug der Welt (angeblich bis zu 200 Wagons und 2,5 km lang!?), einsame Nächte im Sand mit sternenklaren Himmel, längst verlassene halb verfallende Nomadensiedlungen (vermutlich der Dürre geschuldet), tolle Landschaften, wie u.a. dem zweitgrößten Monolithen der Welt, dem „Ben Amira“.
„Mit ganz viel Glück“ hat man in dem unmittelbaren Grenzgebiet zur (freien) Westsahara auch ganz besondere Begegnungen mit Spezialeinheiten des mauretanischen Militärs erleben - wir hatten das „Glück“!
Ehe man sich versieht, tauchen diese in halsbrecherischen Tempo mit ihren Pick-ups zwischen den Sanddünen auf. Mit auf der Ladefläche „dekorierter schussbereiter Miniflak“ wird man zum Stoppen gezwungen. Im ersten Moment fühlt man sich an die Bilder aus dem Fernsehen aus Syrien, Irak, o.ä. erinnert. Wenn man aber langsam mit erhobenen Händen sein Fahrzeug verlässt, die in wüstenfarbenen Uniformen und Sturmhauben gekleideten Soldaten mit einem freundlichen Gruß der Art „Salam aleikum! Alemania! Tourist! Alemania!“, o.ä. begrüßt, entspannt sich die Miene auch bei dem Schützen am Maschinengewehr recht schnell. Ok. weiße Haut gepaart mit blonden Haaren, ersetzt wohl auch eine Kommunikation! Weitere gut ankommende Stichworte sind immer „From Munich“, „Bavaria Munich“, „Schweinsteiger“ und „Thomas Müller“. Dann kann man meist die Weiterfahrt in die Richtung seiner Wahl fortsetzen. Ein kleines heimliches Foto haben wir aus dem Fahrerhaus von der Aktion dann doch noch beim anschließenden kurzen „Begleitschutz“ gemacht.... siehe oben beim Thema "Checkpoint".
Weitere interessante Abstecher für uns als „Mauretanien Ersttäter“ waren die Wüstengebiete östlich von Atar zu den Oasen Ouadane, Chinguetti und dem Krater Guelb er Richat.
Die Schaufeln waren natürlich auch hier immer griffbereit und als „I – Tüpfelchen“ gab es auch noch einen ordentlichen Sandsturm.... ;-)
Wie schnell der Wind Pisten komplett unter Dünen verschwinden lassen kann, durften wir dann auch noch auf unserer ca. 400 km langen Tour über einsame, teilweise nicht mehr existierende Pisten von der kleinen Oase Terjit nach Tidjikja Richtung Süden am eigenen Leibe erfahren. Richtiges Kartenmaterial hatten wir zwar nicht, aber mit der beruhigenden Gewissheit eines funktionierenden Navi's (Hauptsache nach Süden, irgendwann treffen wir dort schon auf die West – Ost verlaufende asphaltierte Hauptroute), genügend Diesel im Tank und Wasser an Bord, waren wir nun „erfahren“ und vor allem gelassen genug, um diese Tour auszuprobieren.
Am Anfang gab es noch ein kleines Stück asphaltierte Straße, welches schon bald zu einer ziemlich schlechten Piste wurde. Irgendwann war auch diese weg, bzw. die Natur hatte seinen Teil dazu beigetragen.
Immer wieder mussten wir uns Wege um große Dünenfelder herum suchen und teilweise für unseren Grimber ziemlich steile, felsige Abfahrten von Plateaus hinunter in Ebenen hinunterfahren. Da wir meist nicht so genau wussten, ob der eingeschlagene Weg sich als Sackgasse entpuppen würde, war das schon ziemlich spannend. In dieser menschenleeren Wüste gab es auch nicht gerade viele Siedlungen, Hirten o.ä. , die man mal nach dem „Weg“ fragen hätte können – wie z.B. in Marokko, wo eigentlich immer irgendwo ein Hirte herumläuft. Einmal trafen wir aber auch hier auf ein Hirtenvolk, die Thomas äußerlich eher an Menschen aus Äthiopien erinnerten. Die schienen nicht einmal ein „Salam Aleikum“ zu verstehen! Eine Kommunikation war hier gar nicht möglich. Stichworte wie „Kilometer“, „Distance“ oder auch die Namen, der im Süden liegenden Ortschaften schienen überhaupt keine Reaktion hervorzurufen. Eine ziemlich seltsam und befremdliche Begegnung!
Irgendwann (nach ca. drei Tagen) trafen wir tatsächlich wieder auf eine nach Süden verlaufende „Piste“. Unsere Überraschung wurde noch größer, als wir im Nirgendwo einen Bautrupp trafen, der scheinbar dabei war eine Straße nach Norden zu bauen! Bei der Art und Weise, wie dort gearbeitet wurde (ein Mann hält eine Schaufel, 5 sitzen irgendwo herum und einer rennt auf einen zu, um nach einem „Cadeau“ zu fragen), wird es aber vermutlich noch etwas länger dauern, bis hier "etwas im größeren Umfang“ geschieht....
Nouakchott: Hauptstadt und „Oase mit Menschen“ in der Wüste
Was für ein Erlebnis! Nach fast drei Wochen im „Outback“ von Mauretanien mit nur wenigen Aufenthalten an Orten, die den Namen „Stadt“, „Dorf“, o.ä. rechtfertigten konnten, kamen wir direkt aus der menschenleeren Wüste nach Nouakchott mit einer geschätzten Einwohnerzahl von bis zu 1 Mio. Menschen!? Vorher hatten wir nur selten Begegnungen mit Hirten, ihren Kamelen und Ziegen - hier nun das komplette westafrikanische Programm des Verkehrschaos!!
Da Nouakchott erst vor wenigen Jahrzehnten als neue Hauptstadt für max. 30.000 Einwohner gegründet wurde, darf man sich sicherlich keine übersichtliche Stadt mit vielen „Wolkenkratzern“, gut ausgebauten Einfallstraßen, etc. vorstellen. Ganz im Gegenteil! Bedingt durch die ungeregelte Migration aus allen Landesteilen, gibt es praktisch nur eine Einfallstraße pro Himmelrichtung. Wir fuhren über die, aus dem Osten kommende, sogenannte „Straße der Hoffnung“ (Route de l'Espoir) hinein. Die ist in der Regeln total überfüllt von „irgendwie fahrendem Metallschrott“. Dazwischen Esel Gespanne und jede Menge Menschen, die sich irgendwie durch diese Hindernisse hindurch schlängeln. Flankiert wird das ganze von vielen Verkaufsständen, Altreifen, etc.
Wenn man zu Fuß unterwegs ist, hat man auch häufig einen „kleinen Fanclub“ im Schlepptau, der einen mit einem vielstimmigen „Bonjour“, „Monsieur - Cadeau!“, „Madam - Cadeau!“ begleitet.
Auch scheint Nouakchott Durchgangsstation für viele Senegalesen, etc. auf dem Weg nach Europa sein. Wir wurden häufig angesprochen, „wie Deutschland denn so sei“ und ob wir „sie nicht ein Stück mitnehmen könnten“. Auch wurden wir für A. Merkel „bewundert“. Offenbar ein wichtiger Grund für viele, es notfalls auch mit einem Boot übers Mittelmeer zu versuchen.
Anmerkungen, dass es in Deutschland „vielleicht doch nicht ganz so einfach sein könnte“, wurden mit Bezug auf Merkel und den Erfahrungen von Freunden und Bekannten, die bereits in Deutschland seien, kein Gehör geschenkt (Stichwort: 6 Monate bezahlter Sprachkurs, freie Unterkunft, etc.).
Zum Schluss: Eine Anekdote aus Nouakchott ...oder der Zusammenprall mit der Staatsmacht
TATORT: Marche Centrale
Direkt nach unserer Ankunft in Nouakchott suchten wir den zentralen Markt auf, in der Hoffnung hier unsere Lebensmittel aufzufüllen. War die Anfahrt in den engen, mit Menschen und Autos total überfüllten Gassen schon eine schweißtreibende Angelegenheit, wurden wir schon bald enttäuscht. Man konnte hier Dinge des täglichen Bedarfes, Seile und Netze für die Fischer, Teppiche, Kleider, Parfüm, etc. erwerben. Lebensmittel gab es dort leider weit und breit keine! Da hier sehr viele Menschen beim Einkaufen herumliefen, bot sich für uns eine sehr lebhafte Szenerie. Wir spazierten noch etwas herum und Thomas wollte wenigstens das Getümmel der Menschen mit den vielen kleinen Läden, mobilen „Verkaufsständen“, etc. mit der Kamera einfangen.
Wir ahnten nicht, dass es offenbar nicht erlaubt war, Fotos auf und von dem Markt zu machen. Entsprechende Schilder gab es nicht. Das die „öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet“ sein könnte, war ebenfalls jenseits unserer Vorstellungskraft.
So kam es wie kommen musste ….Gerade in dem Moment, als Thomas in einer kleinen Seitengasse die Kamera anhob, um ein interessantes Foto zu machen, da trat die Staatsmacht mit seiner ganzen Autorität in Form eines cholerischen, wild gestikulierenden untersetzten Beamten auf, der uns ziemlich lautstark an schrie!
Wir blieben dabei ganz ruhig, denn wir verstanden ohnehin kein Wort und versuchten ihm klar zumachen, dass wir Touristen aus Alemania seien (eigentlich nicht wirklich schwer zu erkennen!). Dass wir weder Französisch noch Arabisch verstanden (das hatte bislang in den letzten Monaten jeder halbwegs intelligente Mensch begriffen), schien seinen Blutdruck nicht wirklich zu beruhigen. Er ließ seinem „Temperament“ freien Lauf - anders war das für uns nicht mehr zu deuten. Ernst nehmen konnte man ihn mit jeder Minute weniger. Er wollte wohl aber auf jeden Fall eine ganz große Sache daraus machen und „führte“ uns durch viele kleine, fast tunnel artige, verwinkelte Durchgänge in irgendein verstecktes „Revier“ in der Mitte des Souks. Es ging zwischen all den kleinen Läden mit allerlei Krimskram durch. Von uns hätte vermutlich keiner auf Anhieb den direkten Weg zurück auf die Straße gefunden. So verwinkelt der Weg dahin, so unscheinbar war das „Revier“ / Baracke, in das wir geführt wurden. In einer Ecke des absolut kahlen Raumes, in dem nur ein Holztisch und drei Stühle standen, lag ein jüngerer Polizist auf einem Teppich und schien gerade seine Dienstzeit schlafend zu verbringen.
Wir durften es uns auf den beiden Stühlen gegenüber des Schreibtisches „bequem“ machen, während noch immer auf Arabisch lautstark geschimpft wurde. Es ging ihm scheinbar noch immer nicht in den Kopf und gegen den Strich, dass wir kein Arabisch sprachen. Sein jüngerer Kollege - mit dunkler Ray Ban Sonnenbrille ausgestatttet - hatte sich in der Zwischenzeit aus seiner Schlafposition am Boden liegend, nicht bewegt. Schlief der wirklich bei dem Theater???
Ganz aus der Fassung brachte den Beamten, dass wir unsere Pässe nicht dabei, sondern diese im Fahrzeug gelassen hatten, welches am Rande des Souks geparkt war. Nach längerer Bedenkzeit kam er auf die Idee, Thomas zum Auto zu schicken, um die Pässe zu holen. Das wollte Thomas allerdings ohne Claudia natürlich nicht. Nachher findet er den Weg zu dem versteckten Revier nicht zurück! ;-)
Das Claudia Thomas begleitete, darauf ließ sich der Beamte leider dann auch nicht ein. So blieb dem Polizisten nichts anderes übrig, als seinen jungen Kollegen (der mittlerweile schon ein Auge aufgemacht hatte) zu bitten, Thomas zu begleiten. Nach dessen Miene zu urteilen, hielt sich bei diesem die Begeisterung, sich bei der Hitze bewegen zu müssen, offenbar in Grenzen.
Während der junge Beamte und Thomas zum Grimber gingen, um die Pässe zu holen, durfte Claudia die „volle Aufmerksamkeit“ des Cholerikers „genießen“. Zu ihrem Glück hatten sie bald einen älteren (und offenbar auch gelasseneren) Beamten aufgetrieben, der auch etwas Englisch sprach. Nach der Kontrolle von Claudia's Kamera und der Feststellung, dass dort nur Fotos von Kamelen und Sanddünen drauf sind (wie denn auch? – die Fotos auf dem Markt hatte ja auch Thomas mit seiner Kamera gemacht!) entspannte sich die Atmosphäre sehr schnell.
Als Thomas nach einer gefühlten Ewigkeit wieder zurück war, brauchten nur noch die gültigen Visa's kontrolliert werden. Nach einer nochmaligen Belehrung, dass es verboten sei, Fotos auf dem Markt zu machen und wir versicherten, nur „in der allerbesten Absicht in dieses wunderschöne Land gekommen zu seien“, ließ man von einer „weiteren Strafverfolgung und möglichen weiteren Konsequenzen“ ab.
So trennten sich letztlich alle Beteiligten in bester Stimmung und unzähligen Händeschütteln. O.k., der Choleriker saß missmutig auf dem Boden in einer Ecke und verstand nichts von alledem, da alles auf Englisch besprochen wurde und er von dem älteren Beamten die ganze Zeit nicht mehr beachtet worden war.